Tamara Kreisel Opferschutz Klinik Ottakring

Spurensicherung im Opferschutz: Kommunikation als Schlüssel für Vertrauen

Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen sind oft die ersten Ansprechpartner*innen für gewaltbetroffene Menschen. Eine Aufgabe mit Herausforderungen.

DGKP Tamara Kreisel ist Mitglied der Opferschutzgruppe in der Klinik Ottakring. Gemeinsam mit ihren Kolleg*innen versorgt sie in der ZNA Menschen, die Gewalt erlebt haben. Gewiss keine einfache Aufgabe. Was treibt Tamara Kreisel an? „Meine Motivation ist es zu helfen, genauso, wie ich es bei Patient*innen mit einem internistischen Vorfall mache. Wichtig ist es psychischen Beistand zu leisten, den Patient*innen Halt zu geben, dass sie nicht selbst schuld sind. Gleichzeitig führen wir die Spurensicherung durch. Diese ist vor Gericht wichtig und aussagekräftig.“

Eine Spurensicherung soll laut Gesetzestext innerhalb der ersten 72 Stunden nach einem Übergriff stattfinden. So kann sichergestellt werden, dass das bestmögliche Material gewonnen wird. Spuren können abgewaschen werden, Hämatome verschwinden innerhalb weniger Tage, sind aber für eine Fotodokumentation bedeutend.

Auf Patient*innen individuell eingehen

Nebst Abstrichen, Blutabnahme und Harnanalyse ist die Kommunikation mit den Patient*innen von großer Bedeutung. Einfühlungsvermögen und manchmal auch ein wenig Kreativität im Umgang mit den Patient*innen ist gefragt.

Bei sprachlichen Barrieren gilt es achtsam zu sein. In der Klinik Ottakring kann sich Frau Tamara Kreisel auf kollegiale Unterstützung verlassen: „Wir haben im Haus eine Liste von Mitarbeiter*innen, die eventuell im Dienst sind und die Sprache der Patient*innen sprechen. Wichtig ist, dass man keine Angehörigen der Patient*innen miteinbezieht, weil das natürlich immer sehr beeinflussend ist. Da wird man nicht die richtige Übersetzung bekommen.“

Patient*innen mit psychischen Beeinträchtigungen benötigen viel Feingefühl. Sie kommen teilweise öfter in die Notaufnahme, da sie nicht die Fallen von Täter*innen erkennen. Im Gespräch versucht man herauszufiltern, was passiert ist. Tamara Kreisel unterstreicht: „Wir nehmen unsere Patient*innen immer ernst. Wir hören uns die Geschichten jedes Mal an. Und wir gehen individuell immer auf die Patient*innen ein. Das ist wohl das Wichtigste. Ansonsten machen wir unser Prozedere natürlich trotzdem und versuchen eine Spurensicherung durchzuführen. Das braucht dann noch mehr Zeit, weil sie Angst haben.“

Es gilt unterschiedliche Angebote zu machen, um die Kommunikation aufzunehmen. Menschen mit Lernschwierigkeiten können sich vielleicht besser bildlich ausdrücken oder sie schreiben etwas auf. Bei Menschen mit körperlichen Behinderungen muss ihre physische Konstitution im Auge behalten werden.

Im Umgang mit älteren Patient*innen braucht es viel Beobachtung. Durch Blutverdünner sind sie anfälliger für Hämatome. Mitarbeiter*innen müssen herausfiltern, was auf ein Gewaltdelikt zurückzuführen ist. Noch schwieriger ist die Situation, wenn die Patient*innen dement sind.
Gleichzeitig achtet das Team darauf, dass gewaltbetroffene Personen geschlechtsspezifisch versorgt werden. Dadurch können Patient*innen besser Vertrauen aufbauen und sich öffnen.

Was bleibt am Ende des Tages?

All diese Erfahrungen und das gewonnene Wissen geben Tamara Kreisel und ihre Kolleg*innen der Opferschutzgruppen gerne auch in Schulungen weiter. Für ihre bedeutende Arbeit hat die Opferschutzgruppe in der Klinik Ottakring 2023 den WIGEV-Award erhalten.

Nebst der Freude über die Auszeichnung nimmt Tamara Kreisel auch Gutes aus ihrem beruflichen Alltag mit: „Das Schönste ist, dass man etwas Wichtiges für Menschen macht. Dieses positive Gefühl nehme ich mit in mein Privatleben.“

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