Reise in die Zukunft
Der Alterssimulationsanzug in der Pflege-Ausbildung
„Ich bin direkt schlecht gelaunt geworden“, sagt Anna-Maria Schille. Seit rund 10 Jahren unterrichtet sie Pflege-Studierende und Auszubildende am Campus Donaustadt. Den Alterssimulationsanzug lernte sie vor 15 Jahren kennen. Durch seine verschiedenen Elemente können wir nachempfinden, wie sich das Alter anfühlt: Versteifte Gelenke, eingeschränkte Sicht, erschwerte Bewegungen. Das, was für uns selbstverständlich ist, wird plötzlich mühsam.
Mit Empathie & Expertise
„Wie auch mir, schlägt es den meisten auf die Stimmung, wenn wir zum ersten Mal im Studium oder der Ausbildung mit dem Anzug arbeiten“, berichtet Schille. Das bestätigt auch der Pflege-Student Christopher Kleinlein, der den Alterssimulationsanzug heute zum ersten Mal trägt: „Wir unterschätzen die Einschränkungen im Alter.“ Mit rund 10% mehr Körpergewicht, einer Brille, die die Sicht einschränkt und vielen Bandagen muss er Tätigkeiten des Alltags bewältigen: Treppen steigen, eine Tasse Tee einschenken, in der Geldbörse nach Kleingeld suchen. Der Studierende fängt an, schwer zu atmen, geht gebückt.
Begleitet wird er dabei von der angehenden Pflege-Fachassistentin und Kollegin Julia Kapaun-Müller. Sie übernimmt dabei die Rolle der Pflege-Person. Sie führt ihn, gibt ihm Hilfestellungen: „Aber nicht zu viel, sonst kommt von ihm nichts mehr. Es gilt herauszufinden: Was kann er selbst? Wo braucht er meine Unterstützung?“ Ein komplexer Prozess, wie Lehrerin Schille beschreibt: „Es braucht nicht nur Empathie, sondern auch viel Expertise und Konzentration um als Pflegeperson vorausplanen zu können, welche Schritte mein*e Patient*in als nächstes tun könnte.“
Professionalisierung durch Selbsterfahrung
Für sie ist das Simulationstraining aber nicht nur in Bezug auf die Altenpflege sinnvoll. Es können auch Erkrankungen der Augen oder Gelenke durch die Verwendung einzelner Anzug-Elemente simuliert werden. Genau wie ältere Menschen werden sie im Alltag mit ihren Einschränkungen oft nicht wahrgenommen: „Am schwierigsten sind Patient*innen, denen man nicht ansieht, dass sie Patient*innen sind“, so Schille. Die Selbsterfahrung hat für das spätere Berufsleben einen entscheidenden Vorteil: „Mit dem Alterssimulationsanzug machen wir die Erfahrung am eignen Leib. Das vergisst man so schnell nicht wieder.“ Eine Zeitreise in die Zukunft, die einen bleibenden Eindruck hinterlässt.
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