Krebsbehandlung: Wie funktionieren Chemo- und Immuntherapien
In der Klinik Donaustadt werden im Monat über 2.000 Patient*innen mit Chemotherapie und zielgerichteter Therapie, mit Antikörper- und mit Immuntherapien behandelt. Dr. Christian Sebesta, Vorstand der 2. Medizinischen Abteilung in der Klinik Donaustadt, erklärt uns wie diese Therapien im Körper funktionieren und mit welchen Nebenwirkungen zu rechnen ist.
Wie funktioniert die Chemotherapie?
Die Chemotherapie besteht aus chemischen Substanzen, die in den Zellzyklus der Tumorzelle eingreifen. Sie reduzieren die Tumorzellreplikation d.h. die Zellteilung wird unterbrochen.
Das führt im Idealfall zum Absterben aller Tumorzellen, oft aber auch nur zu einer Verzögerung des Tumorwachstums.
Welche Nebenwirkungen gibt es bei dieser Therapie?
Viele Patient*innen leiden an Blutarmut, Infektionen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfällen, neurologischen Symptomen und Haarausfall. Das sind einige der häufigsten Nebenwirkungen, die heute aber größtenteils gut beherrschbar ist. Schnell regenerierende Gewebe, wie Blutzellen und Schleimhautepithelien sind haupt- betroffen, es resultieren Durchfälle und die sogenannte Mucositis, eine Schädigung der Mundschleimhaut und andere Schleimhautbezirke. Eine subjektiv gefürchtete, weil auch stigmatisierende Nebenwirkung vieler Chemotherapien ist der Haarausfall, da auch Zellen der Haarfollikel an ihrer Vermehrung gehemmt werden.
Sämtliche Nebenwirkungen ergeben sich generell aus den Wirkmechanismen der Chemotherapeutika und Zytostatika. Diese haben einerseits den Vorteil, dass sie gegen viele Tumore eine hohe Wirksamkeit aufweisen, aber andererseits auch den Nachteil, dass gesunde Gewebe mitbetroffen sind und dadurch Kollateralschäden entstehen.
Die meisten dieser Nebenwirkungen sind durch den Einsatz von Medikamenten, die das Blutbild verbessern, durch Antibiotika, die Infektionen verhindern und andere- symptomatisch wirkende Mittel, etwa gegen das Erbrechen, gegen Durchfälle usw. -zum Großteil gut beherrschbar.
Was ist sonst zu beachten?
Die Chemotherapie ist sowohl psychisch als auch physisch belastend, da im Hintergrund eine Krebsdiagnose steht, die eine existenzielle Bedrohung für den Menschen darstellt. Heute haben wir Antworten auf fast alle (körperlichen) Nebenwirkungen, da die Forschung in den letzten Jahrzehnten rasch fortgeschritten ist und schädliche Medikamentenwirkungen minimieren konnte.
Wir können eine Anämie durch Bluttransfusionen behandeln. Es gibt stimulierende Faktoren, die weiße Blutkörperchen zur Proliferation anregen und auch ein Mangel an Blutplättchen und andere Gerinnungsstörungen können mittlerweile gut überbrückt werden.
Wie funktioniert die Immuntherapie?
Sie ist spezifischer, zielgerichteter und dabei zielgenauer. Die Immuntherapie soll nur die Krebszellen treffen und die gesunden Gewebe verschonen. Das gelingt im Wesentlichen. Dieses Prinzip fußt darauf, dass Krebszellen Zielstrukturen an ihrer Oberfläche oder im Zellinneren haben und man versucht, diese zu identifizieren und mit Antikörpern genau darauf abzuzielen. Das Immunsystem des Erkrankten erkennt dann diese mutierten, bösartigen Zellen- eben die Krebszellen- als fremd oder schädlich und eliminiert sie.
Das heißt, mithilfe dieses neuen Therapieprinzips greift man die Krebszelle an und schont gleichzeitig die gesunden Gewebe.
Nun sind Krebszellen aber in der Lage, sich gegenüber dem menschlichen Immunsystem zu tarnen, sie maskieren sich und werden oft von unseren Immunzellen – von den T-Zellen – nicht als gefährlich erkannt. Die Immuntherapie basiert darauf, dass den Krebszellen diese Maske abgenommen wird, sie werden also sozusagen demaskiert und damit enttarnt. Der Feind wird also wieder als solcher erkennbar gemacht.
In der Folge kann das körpereigene Immunsystem wieder gegen diese Krebszellen aktiv werden.
Die heute verfügbaren Therapien ergänzen einander in sinnvoller Weise und werden im Verlauf einer Krebserkrankung gemeinsam oder sequentiell angewendet. Sie sind also nicht immer als getrennte Blöcke zu betrachten, die nacheinander gereiht werden, sondern es macht oft Sinn, diese Therapien kombiniert einzusetzen. Dadurch können die Ergebnisse für die Patient*innen in vielen Indikationen entscheidend verbessert werden.
Früher war die Prognose bei der Mehrzahl der Tumorerkrankungen viel schlechter als heute, da es im Wesentlichen nur eine Therapieform – die Chemotherapie – gab, die eine Progression einer bösartigen Erkrankung nicht heilen, sondern oft nur verzögern konnte.
Heute sprechen wir immer öfter davon, Krebs von einer tödlichen in eine chronische Erkrankung zu verwandeln, auch wenn eine vollständige Heilung nicht gelingt, werden doch weit längere Überlebenszeiten erzielt.
In einem zunehmenden Ausmaß können viele Tumore und Blutkrebsarten, die vor einigen Jahrzehnten noch als unheilbar galten durch den Einsatz von Chirurgie, Strahlentherapie, Chemo- und Immuntherapie vollständig geheilt werden.
Noch mehr Infos zu den beiden Therapieformen und Einblicke in die Erfahrungen eines Patienten in folgendem Video: https://www.youtube.com/watch?v=XrJU4KV4isA&t=324s