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Nichts ist OK bei K.O.-Mittel-Einsatz

Wiener Gesundheitsverbund vereinheitlicht Vorgehensweise bei Verdacht auf K.O.-Mittel-Einsatz

Im Jahr 2022 verzeichnete der 24-Stunden-Frauennotruf der Stadt Wien einen starken Anstieg der Beratungen zum Thema K.O.-Mittel. Diverse Kampagnen unter dem Motto „Nichts ist OK bei K.O.-Tropfen“ machen seither auf das Thema aufmerksam und informieren darüber, was K.O.-Mittel überhaupt sind, wie man sich davor schützen kann und wie man am besten reagiert, wenn jemand Opfer solcher Substanzen geworden ist. Auch in unseren Kliniken sind Mitarbeiter*innen unterschiedlicher Abteilungen immer wieder mit Betroffenen konfrontiert.

Nachweis von K.O.-Mittel zeitkritisch

Für eine strafrechtliche Verfolgung der Täter*innen ist es wichtig, die K.O.-Mittel Aufnahme forensisch nachzuweisen. Der Nachweis ist allerdings nicht immer leicht, vor allem, da nicht alle Betroffenen in der Lage sind, über ihre Erlebnisse zu sprechen und manchmal erst zur Untersuchung kommen, wenn die Substanzen nicht mehr nachweisbar sind. Seit Anfang des Jahres 2023 regelt eine neue Richtlinie (SOP) im Wiener Gesundheitsverbund den Nachweis von K.O.-Mitteln in unseren Einrichtungen. Diese einheitliche Vorgehensweise kommt zum Einsatz, sobald ein Verdacht besteht und erleichtert den Mitarbeiter*innen den richtigen Umgang mit Betroffenen. Seither ist eine Testung auf K.O.-Mitteln bei Verdacht in allen Spitälern des Wiener Gesundheitsverbunds für die Patient*innen kostenlos möglich. „Wenn der Verdacht aufkommt, dass K.O.-Mittel im Einsatz waren, ist es wichtig sehr schnell zu handeln. Viele der eingesetzten Substanzen sind schon nach wenigen Stunden nicht mehr nachweisbar. Wir brauchen daher möglichst sofort eine Harnprobe und müssen Blut abnehmen. Wenn die Patientin (Anmerkung: es sind mehrheitlich Frauen betroffen) mit der Auswertung einverstanden ist, schicken wir die Proben in ein Forensisches Labor. Nur Befunde von dort können später für eventuelle strafrechtliche Verfahren herangezogen werden,“ betont Dr.in Miriam Hall, Assistenzärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in der Klinik Ottakring.

200 verschiedene Substanzen im Einsatz

Zu den K.O.-Mitteln gehören bis zu 200 Inhaltsstoffe, die unterschiedlich zusammengemischt zum Einsatz kommen können. Meist handelt es sich um flüssige oder pulverartige Substanzen, die schnell wirken. Sie werden häufig in ein Getränk geträufelt und sind farb- und geruchlos. Der leicht bittere, salzige oder seifige Beigeschmack ist in Mixgetränken kaum wahrnehmbar. K.O.-Mittel verändern die Wahrnehmung. Je nach Dosierung können sie berauschen, betäuben und die Bewegungs- und Handlungsfähigkeit einschränken. Sie machen manipulierbar und wehrlos. In höheren Dosierungen können sie auch zu einem tiefen, komaartigen Schlaf bis hin zur Bewusstlosigkeit führen. Mitunter werden sie gezielt eingesetzt um Frauen zu vergewaltigen. „Auf der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe sehen wir Patientinnen, die K.O.-Mitteln ausgesetzt waren, häufig in der Zentralen Notaufnahme. Meist geht es dann um Opfer sexueller Gewalt bzw. von Vergewaltigungen. In diesem Fall müssen wir auch abklären, ob diese Patientinnen potenziell K.O.-Mittel verabreicht bekommen haben oder nicht. Eine Testung erfolgt aber nur, wenn die Patientin selbst damit einverstanden ist. Manchmal äußern Betroffene den Verdacht auf K.O.-Mittel selbst, manchmal ergibt sich der Verdacht aus Anamnese und Untersuchung durch uns,“ so Hall.

Rolle der Opferschutzgruppen

Kommt eine Patientin mit Verdacht auf sexuelle Gewalt mit oder ohne K.O.-Mittel Einsatz in die Zentrale Notaufnahme, wird immer ein*e Gynäkolog*in und nach Möglichkeit ein Mitglied der Opferschutzgruppe hinzugezogen. „Wir sprechen dann zu allererst mit der Patientin. Wenn sie einverstanden ist, führen wir verschiedene Untersuchungen durch. Dazu gehört neben der Harnprobe und Blutabnahme für einen eventuellen Nachweis von K.O.-Mitteln eine gynäkologische Untersuchung. Zusätzlich werden Abstriche von bestimmten Körperteilen vorgenommen um eventuell DNA-Spuren zu finden. Diese werden dann an die Gerichtsmedizin übermittelt und erst auf Antrag durch die Staatsanwaltschaft ausgewertet. Die Betroffenen müssen also nicht sofort entscheiden, ob sie Anzeige erstatten wollen, die gesicherten Spuren werden 6 Monate an der Gerichtsmedizin aufbewahrt. Darüber hinaus bieten wir Betroffenen eine HIV-Prophylaxe sowie die Pille danach an. Die Patientin erhält von uns alle Informationen zu Möglichkeiten einer psychologischen Unterstützung, bei Bedarf kann die Frau auch stationär aufgenommen werden, wenn sie zum Beispiel zuhause gerade nicht sicher ist,“ erklärt Hall die Vorgangsweise.

Wie kann Frau es vermeiden Opfer von K.O.-Mitteln zu werden?

Eine 100%ige Garantie gibt es nie, es gibt aber schon einige Punkte, die Frau beachten kann, um das Risiko, Opfer zu werden, zu reduzieren. Gynäkologin Hall dazu: „Ganz wichtig ist es, dass man beim Fortgehen in Gruppen vor allem in Clubs aufeinander achtet, Getränke nie unbeaufsichtigt lässt und auch keine offenen Getränke von fremden Personen annimmt. Das gilt vor allem, wenn man nicht genau sieht, wie diese zubereitet wurden. K.O.-Mittel werden aber nicht nur in Clubs verabreicht, es passiert leider auch immer wieder im privaten Umfeld. Wenn es einem schlecht geht oder man plötzlich schwindelig wird, sollte man sich sofort an ein*e Freund*in wenden und auch nie alleine nach Hause gehen, sondern sich von einer Vertrauensperson begleiten lassen. Darüber hinaus ist es wichtig hinzuschauen und bei Bedarf zu helfen, damit Täter hier keine Chance haben!“