Dr. Hochmair im Interview

Lungenkrebs kann heute erfolgreich behandelt werden

Lungenkrebs ist immer noch die häufigste tödliche Krebsart. Jährlich erkranken ungefähr 4.600 Menschen in Österreich daran. Die Entwicklung in den Behandlungen schreitet rasant voran. Welche überzeugenden Erfolge bereits möglich sind erzählt uns Dr. Maximilian Hochmair, einer der führenden Lungenkrebsexperten in Österreich und Leiter der pneumo-onkologischen Ambulanz der Klinik Floridsdorf, anhand der Krankengeschichte eines seiner Patienten.

Im Jahr 2008 erfährt der heute 63-jährige Robert Schüller von seinem Arzt, dass er nur noch ein bis zwei Jahre zu leben hat: „Die Diagnose war ein Schock für mich. Mein Arzt riet mir damals noch einmal mit meiner Frau nach Paris zu fahren sowie mein Testament zu schreiben. So schlimm stand es um mich.“

Große Fortschritte in den Behandlungsmöglichkeiten

Seit über 10 Jahren ist Herr Schüller nun bei Dr. Hochmair in Behandlung. „Die Möglichkeiten der Krebsbehandlung haben sich seit 2008 enorm weiterentwickelt. Ich habe 2001 im Berliner Charité begonnen. Damals bekam jeder Patient nur eine Chemotherapie. Danach wurden neue Chemotherapien entwickelt. Heute stehen zusätzlich die Immuntherapie und die zielgerichtete Therapie zur Verfügung, wodurch sich der Lungenkrebs zu einer chronischen Erkrankung entwickeln kann. Bei einigen Patient*innen ist das heute auch der Fall. Auch bei Herrn Schüller. Das war vor 15 Jahren noch undenkbar, “ so Dr. Hochmair.

Unheilbar, metastasierend und nicht operabel lautete damals die Diagnose für Patient Schüller. Die Lunge zeigte weiße Schatten und war als Folge der Krebserkrankung mit Wasser gefüllt. Heute ist die Lunge frei und die Metastasen sind verschwunden. 60 Chemotherapien und zahlreiche Punktionen hat Herr Schüller in den letzten Jahren überstanden. Die Wende im Krankheitsverlauf brachte schließlich eine zielgerichtete Therapie. „Dafür wird das Erbgut des Tumors analysiert. Gesucht wird nach ganz bestimmten genetischen Merkmalen. Lungenkrebs ist nicht gleich Lungenkrebs. Jede Patientin/jeder Patient hat eine eigene personalisierte, individualisierte Erkrankung, die wir durch genaue genetische Testungen im Tumor immer besser verstehen und behandeln können. Durch diese Untersuchungen wissen wir genau, welche Patientin/welcher Patient bei einem gewissen Präparat anspricht und wer nicht. Wir wissen, dass gewissen Patient*innen Tabletten bekommen können um den Tumor an einem gewissen Rezeptor zu blockieren und Wachstum gezielt zu beeinflussen“, erklärt der Lungenkrebsspezialist.

Seit fünf Jahren besteht die Krebstherapie von Robert Schüller nun nur aus einer Tablette täglich.  „Einige Patientinnen brauchen weiterhin die Chemotherapie, andere brauchen eine Kombination von Chemotherapie mit Immun- oder zielgerichteter Therapie. Das ist ganz unterschiedlich, “ betont Hochmair.

Bei Symptomen sofort zum Arzt

Das Gefährliche an Lungenkrebs ist, dass er lange Zeit keine typischen Beschwerden macht. Bei 75% der Patient*innen wird Lungenkrebs daher erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. „Aus Angst vor einer Corona-Infektion gehen Betroffene aktuell erst später zum Arzt. Lungenkrebs ist gefährlicher als eine Corona-Infektion. Patientinnen mit Lungenkrebs sterben, wenn dieser nicht diagnostiziert wird. Es ist daher ganz wichtig bei Beschwerden einen Arzt aufzusuchen.“

Symptome von Lungenkrebs reichen von Blut spucken, über Gewichtsverlust, allgemeiner voranschreitender Schwäche bis hin zu Schmerzen im Brustbereich kombiniert mit Atemnot. Derzeit gibt es in Österreich keine Lungenkrebsvorsorgeuntersuchung. Geplant ist ein Früherkennungsprogramm, bei dem langjährige Raucher*innen regelmäßig mittels Computertomografie untersucht werden. Bis es soweit ist bleibt nur die Vermeidung der Risikofaktoren und das heißt vor allem mit dem Rauchen aufzuhören.

„Dass ich heute noch lebe, verdanke ich meiner Frau. Sie hat mich vor 13 Jahren zu einer Routineuntersuchung geschickt.  Als mein Krebs diagnostiziert wurde, war mein Ziel meine Tochter aufwachsen zu sehen und vielleicht eines Tages auch Enkelkinder zu haben. Jetzt warte ich auf meine Covid-19 Impfung, “ erzählt Patient Schüller.  „Patient*innen mit Lungenkrebs sollten unbedingt schnell geimpft werden. Sie gehören zur absoluten Risikogruppe, da sie häufig an einer Covid-19 Infektion sterben. Trotzdem sollte die Impfung  vorab mit einem Arzt abgesprochen werden“, rät der Lungenkrebsexperte.

 

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