Gleichbehandlungsbeauftragte Eva Atzmüller Portrait - Beitragsbild

„Gleich geht’s uns besser“ – aber wie gleich sind wir eigentlich?

Interview mit Eva Atzmüller, der Gleichbehandlungsbeauftragten des Wiener Gesundheitsverbundes

Eva Atzmüller ist seit Ende 2022 die neue Gleichbehandlungsbeauftragte für den Wiener Gesundheitsverbund. Sie berät gemeinsam mit den Kontaktfrauen alle Mitarbeiter*innen und Führungskräfte des Wiener Gesundheitsverbundes bei Fragen und Beschwerden bezüglich Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.

Aber ist das heute überhaupt noch nötig? Wie aktuell sind Themen wie sexuelle Belästigung und Benachteiligung von Frauen? Mit welchen Anliegen wenden sich Mitarbeiter*innen an eine Kontaktfrau? Diese und mehr Fragen, beantwortet Eva Atzmüller im Interview.

Gab es ein spezielles Ereignis, das Ihr Interesse für das Thema Gleichbehandlung geweckt hat?

Das Thema Gleichbehandlung interessiert mich schon seit meiner Jugend. Schon während der Schulzeit habe ich mich darüber gewundert, dass an Mädchen und Burschen unterschiedliche Erwartungen gestellt wurden.

Deshalb habe ich mich dann auch bereits viele Jahre als Kontaktfrau im AKH für Gleichbehandlung und Frauenförderung eingesetzt. Dadurch habe ich bereits praktische Erfahrung sammeln können und jetzt freue ich mich sehr darüber, mich dem Thema hauptberuflich widmen zu können.

Sie sind seit Ende 2022 neue Gleichbehandlungsbeauftragte (GBB) für den Wiener Gesundheitsverbund. Mit welchen Anliegen wenden sich Mitarbeiter*innen hauptsächlich an Sie?

Dauerbrenner sind Anliegen aus dem Themenkreis der sexuellen Belästigung, und der Diskriminierung aufgrund von Schwangerschaft bzw. Elternschaft. Wir beraten Betroffene und unterstützen sie auf ihrem Weg. Dabei sind wir weisungsfrei, unabhängig und zur Verschwiegenheit verpflichtet, somit werden wir nur auf Wunsch der Klient*innen tätig. Auch Führungskräfte wenden sich an mich, um z.B. Schulungen oder Unterstützung bei der Abhandlung von Vorfällen zu bekommen.

Wie aktuell sind Themen wie sexuelle Belästigung noch? Sind wir nicht längst gleichberechtigt?

Leider sind Themen wie sexuelle Belästigung, Sexismus und Benachteiligung aufgrund von Elternschaft nach wie vor gesamtgesellschaftliche Phänomene, die es gibt und die überall vorkommen, so auch im Wiener Gesundheitsverbund. Deshalb sind diese Themen auch für mich als GBB zentral und weiterhin von Bedeutung. Es hat in den letzten Jahren schon viele positive Entwicklungen gegeben, aber es bleibt noch immer sehr viel zu tun.  Zur Prävention von sexueller Belästigung gab es in den letzten Jahren einen Themenschwerpunkt. Im Zuge dessen wurden viele unterschiedliche Maßnahmen umgesetzt, wie z.B. eine Grundsatzerklärung und verpflichtende Schulungen. Ein gesteigertes Bewusstsein dafür, führt dazu, dass Vorfälle häufiger aufgezeigt werden. Ziel ist natürlich weiterhin die Verhinderung von Belästigung.

Welche Berufsgruppen sind besonders häufig von Problemen rund um Gleichbehandlung betroffen und warum?

Es können alle Berufsgruppen betroffen sein. Gerade im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Karenz bzw. Wiedereinstieg können Schwierigkeiten auftreten. Dabei geht es oft um Fragen zur Verlängerung von befristeten Verträgen bzw. die Rückkehr auf den früheren Arbeitsplatz. Bei sexueller Belästigung spielt das Ausnützen von Machtverhältnissen oftmals eine Rolle. Ein angstfreies Arbeitsklima, in dem Missstände aufgezeigt werden können und die Betroffenen keinen Nachteil befürchten müssen, ist essentiell um Belästigung vorzubeugen.

Welche Maßnahmen gibt es im Wiener Gesundheitsverbund denn noch, welche die Gleichbehandlung der Geschlechter fördern?

Viele der Maßnahmen habe ich ja bereits erwähnt, wie Maßnahmen zur Verhinderung von sexueller Belästigung oder Beratung.

Um Diskriminierung vorzubeugen, nehmen Kontaktfrauen oder ich als Gleichbehandlungsbeauftragte an Auswahlverfahren von Führungskräften teil. Weiters bieten wir Schulungen für unterschiedliche Zielgruppen zu Themen der Gleichbehandlung und zu sexueller Belästigung an. Auch die Vorgaben des Gleichstellungsprogramms zielen auf den Ausgleich von bestehender struktureller Ungleichbehandlung ab.

Ich bin in der Stelle der Gleichbehandlungsbeauftragten der Stadt Wien angesiedelt und arbeite eng mit dem Gender- und Diversitätsmanagement des WIGEV zusammen. Außerdem besteht eine gute Kooperation mit der psychologischen Beratungsstelle des Wiener Gesundheitsverbundes und vielen Personalabteilungen und Führungspersonen aller Ebenen.

Vor allem wichtig sind die Kontaktfrauen in den einzelnen Dienststellen: Sie sind die direkten Ansprechpersonen vor Ort und beraten und unterstützen Betroffene.