Welt-Adipositas Tag
Mehr Lebensqualität durch umfassende Diagnostik und Therapie im Wiener Gesundheitsverbund
In den Kliniken des Wiener Gesundheitsverbundes wurden im Jahr 2024 knapp 2.300 Personen mit Adipositas behandelt, um 18% mehr als im Vorjahr. 204 Patient*innen waren unter 20 Jahre alt. Insgesamt wurden 334 Adipositas-Operationen durchgeführt, hauptsächlich waren dies die Sleeve-Gastrektomie zur Verkleinerung des Magenvolumens und der Magenbypass.
Übergewicht – ein wachsendes Gesundheitsproblem
In Österreich sind 35% der Menschen über 15 Jahre übergewichtig, etwa 17% sind adipös, das entspricht rund 1,5 Mio. Menschen. Besonders besorgniserregend ist dabei der Anstieg an übergewichtigen Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren. Diese Entwicklung unterstreicht die Dringlichkeit präventiver Maßnahmen und effektiver Behandlungsstrategien.
In den Kliniken des Wiener Gesundheitsverbundes, darunter die Kliniken Hietzing, Ottakring, Landstraße, Donaustadt sowie das AKH, gibt es spezielle Adipositas-Ambulanzen, die umfassende Therapiemöglichkeiten anbieten. Nach einer Überweisung vom niedergelassenen Bereich besprechen Ärzt*innen in einem ausführlichen Anamnesegespräch die Therapiemöglichkeiten mit den Patient*innen. Im Wesentlichen stehen sowohl diverse medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten als auch chirurgische Eingriffe zur Verfügung. Patient*innen werden in beiden Fällen engmaschig betreut und über die Vor- und Nachteile aufgeklärt.
Präzise Messung bei Adipositas
Grundsätzlich gelten Patient*innen mit einem Body Mass Index (BMI) über 30 als adipös. „Dies ist natürlich nur ein Richtwert, es kommt im Einzelfall auf das Verhältnis Fettgewebe und Muskelmasse, eventuelle Begleiterkrankungen und sonstige Risikofaktoren, sowie das Alter von Patient*innen an,“ erklärt Kadriye Aydinkoc-Tuzcu, Leiterin der Adipositas Ambulanz in der Klinik Ottakring. Bei Adipositas kommen in den Kliniken des Wiener Gesundheitsverbundes die Bioimpedanzmessung (BIA) und die Messung des Taillenumfanges zum Einsatz. Diese misst den elektrischen Widerstand des Gewebes. „Mit Hilfe der Bioimpedanzmessung ermitteln wir den Anteil an Fettmasse und fettfreier Masse, also Muskeln, Wasser und Knochen im Körper, um ein genaues Bild über die Körperzusammensetzung zu erhalten. Beispielsweise verfälschen Wassereinlagerungen das Gewicht, daher ist eine genaue Messung sehr wichtig,“ betont Aydinkoc-Tuzcu.
Behandlung von Adipositas: Medikation als Schlüssel
Moderne Medikamente zur Gewichtsreduktion werden überwiegend in Form von Injektionen eingesetzt. Besonders bekannt wurde Ozempic, das den Wirkstoff Semaglutid enthält und ursprünglich zur Behandlung von Typ-2-Diabetes zugelassen wurde. Im Wiener Gesundheitsverbund wird das Medikament ausschließlich bei Diabetespatient*innen eingesetzt. In höherer Dosierung wird Semaglutid unter dem Namen Wegovy ebenfalls zur Gewichtsreduktion verwendet. Wegovy ist allerdings in Österreich derzeit nicht verfügbar. Stattdessen kommt hier das Medikament Mounjaro zum Einsatz, das den Wirkstoff Tirzepatid enthält. „Das Medikament ist
zur Behandlung von Diabetes und zur Behandlung von Adipositas zugelassen. Es ist derzeit gemäß klinischen Studien, sowohl die blutzuckersenkende als auch gewichtsreduzieremde Wirkung betreffend, ein sehr effektives Medikament,“ erklärt Johanna Brix, Leiterin der Adipositas Ambulanz in der Klinik Landstraße. „Zusätzlich befinden sich viele weitere Wirkstoffe bereits in weit fortgeschrittenen klinischen Studien, welche auch am Karl Landsteiner Institut der 1. Medizinischen Abteilung der Klinik Landstraße durchgeführt werden,“ ergänzt Brix.
Die Anzahl der von Adipositas betroffenen Patient*innen steigt kontinuierlich. In die Adipositas-Ambulanzen des Wiener Gesundheitsverbundes kommen vor allem Patient*innen mit besonders ausgeprägtem Übergewicht. Viele Betroffene wünschen sich eine medikamentöse Behandlung, um eine Operation zu vermeiden. „Medikamente können dabei helfen das Hungergefühl zu reduzieren und das Sättigungsgefühl zu verstärken, was langfristig die Gewichtskontrolle erleichtert“, erklärt Birgit Jandrasits, Leiterin der Adipositas-Ambulanz der Klinik Hietzing. Gleichzeitig werden die Behandlungsmöglichkeiten laufend weiterentwickelt – unter anderem in der Klinik Hietzing. „Als aktives Studienzentrum bieten wir Patient*innen die Möglichkeit an Studien teilzunehmen und so von innovativen Medikamenten zu profitieren, die künftig eine noch bessere Behandlung ermöglichen“, so Jandrasits.
Ursachen für Adipositas
Die Ursachen für Adipositas sind vielfältig. Dazu gehören neben einer dauerhaft zu hohen Kalorienzufuhr und Bewegungsmangel oft auch ein hormonelles Ungleichgewicht, eine schlechte genetische Veranlagung, chronischer Stress oder auch psychische Ursachen. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Stigmatisierung. „Viele Patient*innen erleben Diskriminierung im Alltag und ziehen sich deshalb sozial zurück. Das betrifft nicht nur das persönliche Wohlbefinden, sondern kann auch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt einschränken“, betont Jandrasits. In besonders schweren Fällen kann eine Operation eine Lösung sein. „Chirurgische Eingriffe ermöglichen einen schnellen Gewichtsverlust, müssen aber gut abgewogen werden. Eine umfassende Beratung ist essenziell, um die beste Therapieoption zu finden“, ergänzt Jandrasits.
Hohe Kosten durch Folgeerkrankungen
Seit 2000 wird Adipositas von der Weltgesundheitsorganisation als chronische Krankheit anerkannt. In Österreich übernehmen die Krankenkassen zwar die Kosten für Magenverkleinerungen, doch medikamentöse Therapien müssen oft von den Patient*innen selbst getragen werden. „Dies stellt insbesondere für Menschen mit niedrigem Einkommen ein Problem dar. Die monatlichen Kosten können zwischen 140 und mehreren Hundert Euro liegen. Hier sollte die Prävention von Adipositas eine höhere Priorität erhalten, da Übergewicht und Adipositas eine Reihe von Folgeerkrankungen begünstigen, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und Gelenkprobleme,“ erklärt Aydinkoc-Tuzcu. Allein 40 % der Diabetesfälle in Österreich sind auf Adipositas zurückzuführen. Eine gesunde Lebensweise mit ausreichend Schlaf, Stressbewältigung und einer langfristig angepassten Kalorienbilanz können helfen, das Körpergewicht zu stabilisieren und schwere organische Erkrankungen zu verhindern.