Das größte Glück, dass ich meine Kinder und meinen Mann wiedersehen kann
2 Jahre nach dem Riss in der Halsschlagader: Eine Patientin erzählt
Es ist Ende November 2023. Frau K. kommt vom Sport nach Hause und hat extrem starke Kopfschmerzen. Hat sie sich bei ihrer Mutter mit Corona angesteckt? Der Test ist negativ. An diesem Abend geht sie früh ins Bett. Als sie in der Nacht aufwacht, sind die starken Kopfschmerzen immer noch da. Frau K. steht auf und holt sich ein Glas Wasser. Als die das Glas abstellen möchte, lässt ihre Hand das Glas nicht los. Ein ungutes Gefühl schleicht sich ein. Frau K. denkt, dass die Kopfschmerzen sie ganz benommen machen. Sie geht wieder schlafen.
Am nächsten Tag steht Frau K. früh auf, richtet das Frühstück für ihre Kinder im Volksschulalter. Sie schneidet sich beim Apfel aufschneiden in den Finger. Ihr Mann liest in der Zeitung vor, dass ein Wiener Bezirk eine Bezirkshymne bekommen hat. Frau K. kann das Wort „Bezirkshymne“ nicht aussprechen. „Ruf die Rettung“, bittet sie ihren Mann.
Die Rettung bringt die 43-Jährige in die Klinik Favoriten. Alle neurologischen Tests sind okay, sie kann wieder sprechen, hat keine motorischen Aussetzer mehr. Doch das MRT des Gehirns zeigt, dass Frau K. einen Schlaganfall hat. Frau K. bekommt Medikamente. Am Nachmittag erfolgt eine MRT-Kontrolle des Gehirns, zusätzlich werden nun auch die Halsgefäße im MRT untersucht. Hier zeigt sich ein Riss der linken Halsschlagader (Dissektion der Carotis).

„An diesem Abend hatte ich riesige Angst, einzuschlafen. Ich hatte ein ganz ungutes Gefühl. Auf einmal konnte ich nicht mehr sprechen, nicht mehr gehen. Was dann passiert ist, weiß ich nicht, das liegt alles hinter einem grauen Schleier. Meine nächste Erinnerung ist der nächste Morgen. Ich bin aufgewacht und wusste, ohne dass mir jemand etwas gesagt hat: Das war knapp. Ich war unglaublich dankbar, dass ich meine Kinder und meinen Mann wiedersehen kann!“ Frau K. ist an diesem Morgen in der Klinik Landstraße aufgewacht.
Aufgrund der plötzlichen klinischen Verschlechterung am späten Abend wurde in der Klinik Favoriten akut eine Computertomographie (CT) durchgeführt. Zu dem Zeitpunkt war die Patientin bereits so unruhig, dass eine Narkose eingeleitet werden musste, um die Untersuchung durchführen zu können. Die Untersuchung zeigte, dass durch den Riss in der Halsschlagader ein Blutgerinnsel entstanden war, das in weiterer Folge mit dem Blutstrom ins Gehirn gelangt war und dort einen Gefäßverschluss verursacht hatte. Daraufhin wurde die Patientin mitten in der Nacht von der Klinik Favoriten in die Klinik Landstraße gebracht. In der Klinik Landstraße befindet sich neben der Stroke Unit – der Spezial-Station für Schlaganfall-Patient*innen – auch eines von drei Zentren für zerebrale Thrombektomien in Wien. In diesen Zentren eröffnen interventionelle Radiolog*innen akute Gefäß-Verschlüsse des Gehirns minimalinvasiv, also ohne große Operation. Nach dem Eintreffen in der Klinik Landstraße wurde bei Frau K. aufgrund des protrahierten undulierenden Verlaufs zuerst noch eine spezielle CT-Untersuchung durchgeführt, die eine bessere Beurteilung der Durchblutung des Gehirns erlaubt. Diese CT-Perfusion zeigte, dass ein großer Teil der linken Gehirnhälfte nicht mehr durchblutet ist. In dieser Nacht ist Oberarzt Joachim Vavrik im Dienst, ein sehr erfahrener interventioneller Radiologe. Aufgrund der heiklen Situation verständigt dieser Rüdiger Schernthaner, den Vorstand des Radiologie-Instituts. Primar Schernthaner begutachtet daheim kurz die Bildgebung und fährt dann nach erneuter Rücksprache mit Oberarzt Vavrik sofort in die Klinik Landstraße. Mit einer Angiographie des Gehirns – dabei können Gefäße sichtbar gemacht werden – können die beiden interventionellen Radiologen die Lage der Gefäßverschlüsse in der Halsschlagader und im Gehirn exakt bestimmen. Mit einem speziellen Draht und einem Katheter (ganz dünner Plastikschlauch) sondieren die beiden, von der Leistenarterie kommend, durch das verschlossene Halsgefäß bis zu dem Verschluss im Gehirn. Mit einem sogenannten Stent-Retriever (ein Metallgeflecht) können sie dann das Blutgerinnsel mobilisieren und entfernen. Der Erfolg ist sofort sichtbar: Die linke Hirnhälfte von Frau K. wird wieder durchblutet. „So ein Eingriff ist immer mit einem Risiko verbunden. Wenn wir ein Gefäß verletzen, kann dies eine Gehirnblutung auslösen. Bei diesen Einrissen der Halsschlagader gelingt es manchmal nicht, das Gefäß wieder zu eröffnen. Dennoch war der Eingriff, auch im Hinblick auf das niedrige Alter der Patientin, alternativlos“, erzählt der Institutsvorstand. Bei Frau K. läuft alles gut.

Der Mann von Frau K. und ihre engste Familie besuchen sie am Morgen nach dem Eingriff auf der Intensivstation. Ihre Angehörigen waren sich einig: „Sie ist da! Alles andere kriegen wir hin, das wird wieder!“
Der Weg zurück ist harte Arbeit – es geht jedoch jeden Tag bergauf. Die ersten Tage nach dem Eingriff verbringt Frau K. in der Klinik Landstraße. Dann startet schon die Früh-Rehabilitation in der Klinik Favoriten. Frau K. arbeitet 3 Monate daran, wieder einwandfrei sprechen und wieder gehen zu können. Im Frühling und Frühsommer danach ist Frau K. zwei Mal ambulant auf Reha im Neurologischen Rehabilitationszentrum Rosenhügel. Die MRT-Kontrollen zeigen, dass die Erkrankung gut verheilt, die Durchblutung des Gehirns ist weitestgehend wieder intakt.
9 Monate nach dem Schlaganfall beginnt Frau K. wieder zu arbeiten.
Im September 2025, also knapp 2 Jahre nach dem Riss in der Halsschlagader, kommt Frau K. in die Klinik Landstraße zu Besuch. Die schwere Erkrankung merkt Frau K. heute noch ein wenig im Alltag, besonders wenn es stressig oder sie müde ist. Kurz vor ihrem Besuch in der Klinik Landstraße hat sie einen Wanderurlaub mit ihrer Familie verbracht, das hat super geklappt. Primar Schernthaner blickt zurück, zeigt ihr die radiologischen Bilder und erklärt genau, was damals passiert ist. Ein Riss in der Halsschlagader ist zum Glück selten, bei jungen Patient*innen jedoch der häufigste Grund für einen Schlaganfall.
„Ich möchte mich für die gute und schnelle Behandlung bei den Teams der Kliniken Favoriten und Landstraße bedanken. Ich wurde extrem toll betreut. Seit dem Schlaganfall lebe ich mein Leben mit größter Dankbarkeit“, sagt Frau K.
Gut zu wissen: Mit welchen Symptomen muss ich unbedingt sofort in die Klinik kommen?
Bei Auftreten von schwerem Schwindel, Sprachstörungen oder Lähmungen sollte man immer rasch eine Klinik aufsuchen. Ursächlich für einen solchen Gefäßriss ist meistens ein Trauma, das z.B. beim Sport auftreten kann. Beim Riss selbst verspüren die Patient*innen manchmal nur ein leichtes Stechen oder Ziehen (wie wenn man sich „verrissen“ hat), die schweren Folgeerscheinungen können mit deutlicher Verzögerung auftreten, wie es auch bei Frau K. geschehen ist.



