Pflege neu gedacht
Ein Gespräch mit dem Projektleiter Robert Lieberzeit über #Nurses4Vienna
Die Gesundheitsversorgung in Wien steht vor großen Herausforderungen – doch im Hintergrund arbeiten engagierte Menschen an Lösungen. Einer von ihnen ist Robert Lieberzeit, Projektleiter von #Nurses4Vienna. Er reist persönlich zu Partneruniversitäten, um Kooperationen zu pflegen, empfängt die internationalen Pflegekräfte am Flughafen und unterstützt sie bei organisatorischen Belangen – vom Meldewesen bis hin zum Bankkonto. Im Gespräch erzählt er, warum dieses Projekt so wichtig ist und wie es funktioniert.
Redaktion: Herr Lieberzeit, warum braucht Wien Pflegekräfte aus Drittstaaten?
Wir haben in Wien exzellente Ausbildungsstätten, wir selbst sind größter Ausbildner im Gesundheitswesen und haben unser Ausbildungsangebot in den letzten Jahren stark ausgebaut. Aber: Der Bedarf an Fachkräften ist enorm, vor allem im gehobenen Pflegedienst. Viele gehen in Pension, und die jährlichen Absolvent*innen der Fachhochschulen reichen derzeit noch nicht aus, um die Lücken zu schließen. Deshalb haben wir gemeinsam mit der FH Campus Wien #Nurses4Vienna ins Leben gerufen, um qualifizierte Pflegekräfte aus Drittstaaten gezielt anzuwerben und in unser Gesundheitssystem zu integrieren.
Wie werden die neuen Kolleg*innen auf ihre Arbeit in Wien vorbereitet?
Die Vorbereitung beginnt bereits im Herkunftsland. Wir stellen sicher, dass alle Kandidat*innen einen BSc-Abschluss, Englischkenntnisse und vieles mehr haben. Durch die Kooperationen der FH Campus Wien mit Hochschulen ermöglichen wir eine gezielte Weiterbildung, die auch einen intensiven Deutschkurs im Herkunftsland beinhaltet. Nach ihrer Ankunft in Wien starten die Teilnehmer*innen ein Studium an der FH Campus Wien, das sie auf die Arbeit in unseren Kliniken vorbereitet. Ist das abgeschlossen, kommen sie vorerst als Pflegefachassistent*innen in unsere Kliniken.
Wann werden die ersten Pflegekräfte tatsächlich in den Kliniken arbeiten? Und in welchen?
Die ersten neuen Kolleg*innen aus Jordanien sind im Dezember 2024 in Wien angekommen. Wir rechnen also damit, dass sie ab September 2025, nach Abschluss ihres Hochschullehrgangs, als Pflegefachassistent*innen auf den Stationen starten. Diese Phase dauert ungefähr ein Jahr. Sobald sie die Deutschprüfung auf Niveau B2 bestanden haben, erfolgt die Anstellung als Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger*innen.
Wo sie eingesetzt werden, ist ganz abhängig vom Bedarf – wir sind dafür in Abstimmung mit den Pflegedirektor*innen der Kliniken. Die Kolleg*innen sind hochqualifiziert und motiviert und werden unser bestehendes Personal sicher wunderbar ergänzen.
Was macht #Nurses4Vienna so besonders?
Unser zentrales Alleinstellungsmerkmal sind die dauerhaften Kooperationsverträge der FH Campus Wien mit Partneruniversitäten in Drittstaaten – es ist keine Agentur dazwischengeschaltet. Das sichert eine kontinuierliche und qualitativ hochwertige Zuwanderung von Fachkräften. Außerdem begleitet das Projekt die Pflegekräfte intensiv durch den gesamten Anerkennungsprozess und integriert sie schrittweise in das Wiener Gesundheitssystem. Das ist nicht nur für die neuen Mitarbeiter*innen wichtig, sondern auch für die bestehenden Teams. Schließlich bekommen sie neue Kolleg*innen. Daher ist entscheidend, alle von Anfang an abzuholen. Es ist für uns alle neu, aber die Pflegefachkräfte sind sorgfältig ausgewählt. Sie bringen neue Sichtweisen und Expertise mit, und das wird unsere Stationen bereichern.
Welche Herausforderungen bringt das Projekt mit sich?
Es ist ein Pilotprojekt innerhalb des Wiener Gesundheitsverbundes. Wir können nicht auf bestehende Erfahrungen zurückgreifen, sondern erarbeiten vieles neu. Mein eigener Hintergrund als Stationsleitung und Assistenz der Pflegedirektion in der Klinik Favoriten hilft natürlich, weil ich den Alltag in der Pflege gut kenne. Das Projekt hat allerdings viele Facetten, von menschlichen über finanzielle bis zu rechtlichen. Ich habe das Glück, mit einem tollen Team zu arbeiten.
Das WIGEV-interne Projektteam besteht aus Kolleg*innen aus dem:
- Vorstandsressort Finanzmanagement Unternehmenscontrolling
- Vorstandsressort Klinische Betriebssteuerung
- Vorstandsressort Personalentwicklung und Ausbildung
- Vorstandsressort Personalmanagement
- Projektmanagementoffice
- Vorstandsressort Recht und Compliance
- Vorstandsressort Unternehmenskommunikation und dem
- Vorstandsressort Unternehmensorganisation
Man darf aber nie vergessen: Wir können viele Aspekte und Ressourcen planen, aber im Endeffekt arbeiten wir hier mit Menschen. Menschen, die Wünsche und Hoffnungen haben, die ihre Familien im Heimatland zu einem großen Teil zurücklassen, um in Wien und im WIGEV einen Neuanfang zu wagen. Das erfordert viel Feingefühl und Flexibilität. Wir lernen täglich dazu, und ich bin stolz darauf, was wir schon alles geschafft haben.
Wie geht das Projekt weiter?
Der Dezember 2024 war erst der Startschuss. In den kommenden Jahren werden laufend neue Pflegekräfte aus Drittstaaten dazukommen, nicht nur aus dem Nahen Osten, sondern auch aus anderen Teilen Asiens. Das gesamte Projektteam hat viel Arbeit investiert, um das möglich zu machen. Es ist spannend und schön zu sehen, wie dieses langfristig geplante Projekt nun Wirklichkeit wird.