Das Potenzial neuer Methoden beim Lungenkrebs-Staging
Bei der Diagnose von Lungenkrebs gilt es festzustellen, wie weit die Krankheit fortgeschritten ist. Das nennt man Staging. Das Staging beschreibt die Größe des Tumors, ob und wie weit sich der Krebs auf nahegelegene Lymphknoten oder andere Organe ausgebreitet hat (Metastasierung). Das Staging ist essenziell für die Wahl der Behandlung und die Einschätzung der Prognose.
Eine bisweilen wichtige Methode ist das Ganzkörper 18FDG-PET/CT, ein bildgebendes Verfahren. Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine Methode, mit deren Hilfe man die metabolische Information und Strukturen von Organen und Gewebe gleichzeitig darstellen kann. Diese gilt als Goldstandard im klinischen Bereich.
Eine neue Studie an der Klinik Ottakring zeigt hingegen, dass auch eine begrenzte PET/CT-Untersuchung mit deutlich kleinerem Sichtfeld bei Erstdiagnose des Lungenkarzinoms ebenso zuverlässig sein kann.
Prim. Dr. Siroos Mirzaei, Institutsvorstand der Nuklearmedizin und Prim. Dr. Georg-Christian Funk, Abteilungsleiter der 2. Medizinischen Abteilung mit Pneumologie erklären in einem Interview die Ergebnisse und die möglichen Vorteile dieser Methode. Dazu gehören eine reduzierte Strahlenbelastung, kürzere Auswertungszeiten und geringere Kosten.
Redaktion: In Ihrer aktuellen Studie haben Sie das Standardverfahren der Ganzkörper18FDG -PET/CT mit einer Methode verglichen, die sich nur auf den Bereich vom Hals bis zum Oberbauch konzentriert. Was war die Motivation hinter dieser Untersuchung?
Prim. Dr. Mirzaei: Das primäre Ziel dieser Studie war es zu überprüfen, ob eine begrenzte PET/CT-Untersuchung, die nur den Bereich vom Hals bis zum Rand der Leber abdeckt, genauso effektiv im Staging von Lungenkrebs ist wie die herkömmliche Ganzkörper-PET/CT. Die Ganzkörper-Untersuchung ist bekannt dafür sehr präzise zu sein. Sie ist jedoch auch mit einer höheren Strahlenbelastung und Zeitaufwand verbunden. Wir wollten herausfinden, ob man auf den unteren Körperbereich – also mittleres/unteres Abdomen und Becken – verzichten kann, ohne die diagnostische Genauigkeit zu gefährden.
Ergebnisse und Fazit der Untersuchung
Redaktion: Was waren die Hauptergebnisse Ihrer Analyse? Hat die begrenzte PET/CT genauso zuverlässig das Staging geliefert wie die Ganzkörperuntersuchung?
Prim. Dr. Mirzaei: Ja, das war der spannende Punkt: Unsere Studie hat gezeigt, dass das Staging mit der begrenzten PET/CT genauso präzise war wie mit der Ganzkörperuntersuchung (Hals bis Hüfte). Bei allen rund 160 untersuchten Patient*innen stimmten die Ergebnisse exakt überein, sowohl in Bezug auf die klinische als auch auf die pathologische Beurteilung. Dies bedeutet, dass durch die Begrenzung des Scanbereiches auf Hals und Thorax-Oberbauch (somit inkl. Nebennieren) keine relevanten Informationen verloren gingen, die für das korrekte Staging notwendig sind.
Redaktion: Das klingt vielversprechend. Welche praktischen Vorteile könnte diese Methode für Patient*innen und Ärzt*innen haben?
Prim. Dr. Funk: Die Anwendung einer begrenzten PET/CT bietet mehrere Vorteile. Zum einen kann der kleinere Datensatz in kürzerer Zeit ausgewertet werden. Außerdem reduziert sich die Strahlenbelastung für die Patient*innen, was besonders bei wiederholten Untersuchungen von Bedeutung ist.
Redaktion: Würden Sie sagen, dass diese Methode langfristig das Standardverfahren ersetzen könnte?
Prim. Dr. Mirzaei: Das ist schwer zu sagen, aber die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass eine begrenzte PET/CT durchaus eine wertvolle Alternative in bestimmten Fällen sein kann. In Ländern mit eingeschränkten Ressourcen oder für Patient*innen, die aufgrund von Kontraindikationen oder anderen Faktoren nicht die Ganzkörperuntersuchung erhalten können, wird diese Methode eine sehr sinnvolle Option darstellen. Für den Moment ist die Ganzkörper-PET/CT sicherlich noch der Goldstandard, aber ich denke, dass wir in Zukunft verstärkt auf begrenzte Methoden setzen werden, insbesondere weil sie gleichwertige diagnostische Ergebnisse liefern.
Klinische Relevanz und Ausblick
Redaktion: Welche Auswirkungen könnte Ihre Studie auf die klinische Praxis haben? Werden sich durch diese die Ergebnisse die Behandlungsstrategien bei Lungenkrebs ändern?
Prim. Dr. Funk: Unsere Studie hat gezeigt, dass die begrenzte PET/CT in der Staging-Diagnostik von Lungenkrebs eine gleichwertige diagnostische Genauigkeit wie die Ganzkörperuntersuchung aufweist. Dies könnte in der klinischen Praxis zu einer Effizienzsteigerung führen. Die Reduktion der Strahlenbelastung ist v.a für Patient*innen mit wiederholtem Bedarf an bildgebenden Verfahren von Bedeutung.
Das alternative Verfahren hat somit das Potenzial, die Staging-Diagnostik von Lungenkrebs effizienter zu gestalten, ohne die diagnostische Präzision zu beeinträchtigen. Eine rasche Behandlung und die Minimierung der Strahlenbelastung zeigt sich hier als vielversprechender Schritt für eine effiziente Versorgung von Patient*innen.